10 Jahre „Selbst Aktiv“ - Hannoveraner Erklärung
An Stelle weiterer Spezialgesetze die spezielle Perspektive behinderter Menschen einbringen.
Nur wenige glaubten 2003, dass der Beirat für Menschen mit Behinderung einmal sein zehnjähriges Bestehen feiern könnte, betonte German Saam bei der Feier in der Rathausdiele. Von Anfang an steht er an der Spitze der Einrichtung, die der Stadtverwaltung Anregungen und Ratschläge gibt. Saam ist Herz und Motor des Beirats, der sich aus Vertretern von sozialen Einrichtungen und Wohlfahrtsverbänden, Vereinigungen und Selbsthilfegruppen zusammensetzt.
Ein wenig Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er einige der Errungenschaften aufzählte. Neben Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen wirkte der Beirat beim Thema Barrierefreiheit an der Bauplanung des Silvana-Bades mit. Die Rampe am Bahnhof Schweinfurt-Mitte, eine Zugangsrampe am Neuen Rathaus und ein Treppenlift im alten – leider nur bis zum vorletzten Stock, so Saam – gehen auf dessen Initiative zurück, ebenso wie mehr Behinderten-WCs in Gaststätten oder Induktionsschleifen für Hörgeschädigte im Konferenzzentrum, in Kinos oder bei der vhs. Oberbürgermeister Sebastian Remelé betonte, dass die Stadt beim Thema Barrierefreiheit auf dem besten Wege sei und weiter daran arbeite. Oft stünden dem aber Vorschriften über bauliche Veränderungen und die Kostenfrage entgegen.
Dass eine Behinderung jeden treffen kann, veranschaulichte Gastrednerin Sibylle Brandt. 1996 wurde bei ihr die Augenkrankheit „Makula-Degeneration“ festgestellt. Heute ist sie fast erblindet und auf fremde Hilfe angewiesen. Die Landesvorsitzende von „Selbst Aktiv“, der Arbeitsgemeinschaft Behinderte Menschen in der Bayern-SPD, zeichnete ein vielschichtiges Bild ihrer Erfahrungen. Angefangen vom tiefen Loch, in das die Marketingkauffrau nach der Diagnose fiel bis zur Hilflosigkeit ihrer Familie, die auf Abstand ging. Heute bezieht die 53-Jährige eine Erwerbsminderungsrente und engagiert sich ehrenamtlich. Dauerthemen auch bei ihr: Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, sowie Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Rampen, Toiletten oder Parkplätze für Rollstuhlfahrer sind nur ein Aspekt. So fehlt es beispielsweise in vielen Theatern und Kinos an Induktionsschleifen für Schwerhörige, Fast-Blinde und Sehbehinderte würden sich über Speisekarten in Blindenschrift freuen. Ein großes Hilfsmittel sieht Brandt in Assistenzkräften, die bei der Pflege, als Schulbegleiter für behinderte Kinder oder in anderer Form zur Unterstützung Erwachsener eingesetzt werden.
Beim gemütlichen Teil des Nachmittags sorgte das Main-Café der Lebenshilfe für Essen, Steffi List trat zusammen mit der Band Mosaik auf, deren Musiker aus den Mainfränkischen Werkstätten stammen.
Mut zur Begegnung mit der Bern Rützel und Selbst Aktiv
Mut zur Begegnung mit der Bern Rützel und Selbst Aktiv (PDF, 130 kB)
Foto: Cordula Pawlak Vorbereitung auf den ersten Arbeitsmarkt: Beim Besuch in den Mainfränkischen Werkstätten Cornel Bogar und Manfred Krämer (beide sitzend), dahinter stehend von links: Sibylle Brandt, Ansprechpartnerin der AG SelbstAktiv in Unterfranken, Geschäftsführer Werner Sendner, MdL Georg Rosenthal, MdB Bernd Rützel, Aufsichtsratsvorsitzender Professor Ulli Arnold, die Gemündener SPD-Vorsitzende Monika Poracky, Werkstattleiter Andreas Hartmann und Stefanie Geier.
Rottendorfer Fischessen (PDF, 104 kB)
Foto: Christian Ammon Gelebte Inklusion: Die Band Mosaik – mit Musikerin Steffi List (links) und Sänger und Rollstuhlfahrer Christian Schmitt (rechts) – trat beim Fischessen der Rottendorfer SPD auf.
Fachartikel zur Forschungsarbeit der Autorin Veronika Schwerdtfeger
„Wie werden Menschen mit Behinderung bei der politischen Willensbildung in den Parteien Deutschlands eingebunden?“
Ist-Stand-Erhebung der Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung in den Parteien Deutschlands
Politische Willensbildung ist der Weg, in dem politisch Handelnde korrespondieren und Einflussnahme ausüben, um zu bindenden kollektiven Entscheidungen zu gelangen. Die Befragung von Parteimitgliedern mit Behinderung und der Parteien in Deutschland zur Einbildung der politischen Willensbildung von Menschen mit Behinderungen in den Parteien Deutschlands brachte Herausforderungen hinsichtlich der Befragungsinstrumente, der Durchführung der Fragebögen und der Interpretation der Ergebnisse mit sich. Ziel der Umfrage war es, einerseits vorhandene Konstellationen zu ermitteln, die aufzeigen wie gleichberechtigte politische Willensbildung und politische Partizipation in den Parteien Deutschlands bereits umgesetzt werden, und andererseits Vorschläge für korrektive Maßnahmen zur Verbesserung zu erfassen.
Hierbei waren die individuellen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung in den Parteien und die dadurch entstehenden Anforderungen an die Parteien besonders zu beachten. Zu diesem Zweck führte die Autorin eine Fragebogenerhebung durch, die an die Geschäftsstellen und die Landes- und Fraktionsvorsitzenden der zum Zeitpunkt der Umfrage in den Parlamenten vertretenen Parteien Deutschlands auf Bundes- und Landesebene sowie an deren Parteimitglieder gerichtet wurde.
Die Autorin selbst hat eine leichte Körperbehinderung und ist in einer Partei in der Arbeitsgemeinschaft "Selbst Aktiv" auf Landesebene tätig und somit in die politische Willensbildung eingebunden. In dieser Funktion wird sie oft mit unterschiedlichsten Problematiken behinderter Menschen konfrontiert, die deren Einbindung in die aktive politische Willensbildung innerhalb einer Partei erschweren. Erlebte Situationen der mehr oder weniger erfahrenen politischen Teilhabe in der Partei auf den unterschiedlichen Parteiebenen veranlassten die Autorin im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang Master oft Art (MA) Sonderpädagogik eine „Ist-Stand-Erhebung der Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung in den Parteien Deutschlands“ durchzuführen. Die Fragestellung der Ist-Stand-Erhebung bezieht sich auf die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Artikel 21 verankerten Verpflichtung der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, wobei der Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention einfordert auch behinderten Menschen die Teilhabe am politischen Leben zu garantieren. In diesem Artikel werden die wesentlichen Ergebnisse und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen bzw. Empfehlungen an die Parteien und Parteimitglieder dieser Forschungsarbeit in einer prägnanten Zusammenfassung erfasst, wobei vorweg wesentliche theoretische Grundlagen, die vorgefundenen politischen Voraussetzungen und der von der Autorin vorgefundene Forschungsstand noch kurz erläutert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei unserer Online-Podiumsdiskussion "Wie Corona Behinderung behindert (Teil 3) - Teilhabe von Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung in Zeiten von Corona und danach" am Dienstag, 11. Mai 2021 von 17:00 bis 19:00 Uhr
werden wir den mit Ihnen im Workshop vom 15. April erarbeiteten Forderungskatalog eingeben und mit unseren prominenten Podiumsgästen Kerstin Griese, Staatssekretärin für die Belange von Menschen mit Behinderung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Ruth Waldmann, Inklusionssprecherin der SPD Fraktion im Bayerischen Landtag und Barbara Stamm, Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern über folgende Fragen diskutieren:
Wie kann eine Gesellschaft aussehen, die politische Teilhabe für alle Menschen ermöglicht? Wie können Menschen mit Behinderungen ihre Interessen selbst in Entscheidungsprozesse der Politik einbringen? Welche Maßnahmen muss die Politik jetzt treffen, um die Partizipation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung krisenfest aufzustellen?
Die Veranstaltung wird wieder von einer Simultan-Schrift- und Gebärdensprachdolmetschung begleitet.
Bei Fragen zur barrierefreien Durchführung und weiterem Hilfebedarf wenden Sie sich bitte bis zum 4. Mai 2021 an uns.
Anmelden können Sie sich wieder bei
Friedrich-Ebert-Stiftung Bayern Büro Regensburg Lilienthalstr. 8 93049 Regensburg Tel. 0941.794759 email sandra.gref@fes.de
Den Zugangslink für Zoom erhalten Sie nach Ihrer Anmeldung bis spätestens 10. Mai 2021, 12.00 Uhr. Die Teilnahme ist kostenlos.
Wir freuen uns, wenn wir Sie auch diesmal wieder begrüßen dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Sibylle Brandt
Landesvorsitzende AG Selbst Aktiv Bayern
Sozialpolitikerin Waldmann: Tiere leisten wertvolle Dienste und müssen von Krankenkassen finanziert werden
Die SPD-Landtagsfraktion macht sich für den Einsatz von Assistenzhunden zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung oder Krankheit stark. In einem aktuellen Antrag, der heute (19. April) bei einer Pressekonferenz im Bayerischen Landtag vorgestellt wurde, mahnt die Sozialpolitikerin Ruth Waldmann klare Regelungen für die Finanzierung, die Ausbildung und den Einsatz der Tiere an: „Assistenzhunde können den Alltag von vielen Menschen mit Behinderung ganz erheblich erleichtern. Sie ermöglichen sogar oft erst die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Doch die Kosten werden bislang nicht von der Krankenversicherung oder einem Sozialversicherungsträger übernommen. Das wollen wir ändern!"