KRITIK Ist der Aufgang zur Steinernen Brücke ein Planungsfehler? Die einen sind entsetzt, die anderen können keine Verschlechterung der Situation erkennen.
REGENSBURG.
Wieder einmal sei in Regensburg eine große Chance vertan worden, eine gleichberechtigte, selbstbestimmte und barrierefreie Teilnahme am Leben für alle Menschen zu verwirklichen. Zu diesem Urteil kommt Karl Brunnbauer, der SPDOrtsvereinsvorsitzende von Stadtamhof- Steinweg-Winzer. „Mit Entsetzen“ habe er feststellen müssen, dass die Rampe von Oberen Wöhrd zur Steinernen Brücke – erst im Dezember eröffnet – nicht barrierefrei gestaltet worden ist.
Trotz mehrerer Briefwechsel mit Oberbürgermeister Hans Schaidinger in dieser Angelegenheit und dem deutlichen Hinweis, dass doch bitte bei dem Neubau der Rampe auch der Zugang zur Jahninsel barrierefrei zu gestalten sei, habe man an den Bedürfnissen und den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention vorbei geplant und ausgeführt, schreibt er. Brunnbauer ist selbst schwerbehindert und auf den Rollstuhl angewiesen. „Es ist sogar so, dass die Jahninsel über das neue Treppenbauwerk jetzt für betroffene Menschen schwieriger zu erreichen ist als vorher.“
Umweg über einen Schotterweg
Gerade den gehbehinderten Menschen, den Rollstuhlfahren, den Eltern mit Kinderwagen, aber auch den Seniorinnen und Senioren, die sich nicht mehr so leicht mit dem Treppensteigen und Gehen tun, mute man einen 200 Meter langen Umweg über einen Schotterweg zu, um die Jahninsel erreichen zu können. „Dabei wäre es aus meiner Sicht mit etwas mehr Kreativität und planerischem Geschick auf einfache Weise möglich gewesen, einen barrierefreien und kostengünstigen Zugang zur Jahninsel für alle Menschen zu schaffen.“ Außerdem, so Brunnbauer weiter, entspreche der Neubau des Inselzugangs nicht der heutigen Rechtslage, die eindeutig besagt, dass bei größeren Sanierungen und Neubauten im öffentlichen Bereich auf Barrierefreiheit zu achten sei.
Von einemneuen, kreativeren Denken sei in den Köpfen der Planer und Verantwortlichen der Verwaltungen im Zusammenhang mit Inklusion und Barrierefreiheit nichts zu spüren. Brunnbauer: „Auch wurde auch nicht erkannt, dass das Beseitigen von Barrieren für betroffene Menschen immer auch eine Erleichterung für nicht betroffene und gesunde Menschen ist.“ Eine Verschlechterung der Situation könne er nicht erkennen, sagt im Gegensatz dazu Florian Stangl, der Vorsitzende der Sportgemeinschaft Behinderter und Nichtbehinderter an der Universität Regensburg. Allerdings befände sich ja die Treppenanlage noch im Bau. Und die neue Treppenanlage beinhalte eine Kinderwagenrampe; auch seien an den Seiten stabile Geländer angebracht.
„Der Höhenunterschied liegt bei circa fünf Metern, was bei einer DINnormgerechten Rampe eine Länge von ungefähr 100 Metern Länge bedeuten würde unabhängig der Thematik Fluchtwege, Eigentümer und so weiter. Und ein Aufzug wäre wahrscheinlich schon aus hochwassertechnischen Gründen nicht geeignet.
„In meiner Person als selbst betroffener Rollstuhlfahrer freue ich mich stets, wenn ich die gleichen Wege nehmen kann wie alle anderen, wie mir dies zum Beispiel bei einem Museum, Theater oder Ähnlichem sehr wichtig wäre.“ Da der Höhenunterschied aber doch sehr hoch sei, werde sich eine Lösung, bei der alle den gleichen Weg nehmen, kaum verwirklichen lassen. „Und da die Jahninsel an sich schon nicht wirklich barrierefrei ist, würde mir in diesem Fall auch der kleineUmweg über die ,Autozufahrt’ reichen; aktuell ist diese durch die Baustellenfahrzeuge gut verdichtet und ist somit nicht besser oder schlechter zu befahren als die Jahninsel selbst.“ „Barrierefreie Rampe nicht möglich“
Und wie sieht man vonseiten der Stadt die Problematik? Die neue Gestaltung der Abgangstreppe von der Brückenrampe zur Jahninsel sei bereits im November 2012 vom Stadtrat beschlossen worden, stellt Katrin Butz von der städtischen Pressestelle dazu fest. Demnach wurde der neue Treppenabgang vor dem Gasthaus „Alte Linde“ mit einer Schieberampe für Kinderwägen und Fahrräder ausgestattet. „Eine barrierefreie Rampe, die auch für Rollstuhlfahrer nutzbar wäre, ließ sich leider nicht verwirklichen, da eine solche Rampe einen enormen Platzbedarf entfaltet hätte.“
So betrage nämlich am Ansatzpunkt des neuen Treppenabgangs vor der „Alten Linde“ der Höhenunterschied zwischen Rampenbrücke und Jahninsel rund vier Meter. Eine rollstuhlgerechte Rampe mit einer Steigung von sechs Prozent und Zwischenpodesten müsste aber rund 80 Meter lang sein, um diesen Höhenunterschied zu überwinden. Dies hätte einen deutlichen Verlust an Grünfläche auf der Jahninsel bedeutet und massiv in das Ensemble „Jahninsel/Steinerne Brücke“ eingegriffen. Unter Abwägung der verschiedenen Belange habe man sich daher entschieden, es bei dem einen, bereits vorhandenen, barrierefreien Zugang auf die Jahninsel nördlich der Rampenbrücke zu belassen, heißt es. Butz: „ImZuge der Rekultivierung der Jahninsel, die im Lauf des Jahres 2014geplant ist, werden wir diesen Weg neu befestigen und dabei ein besonderes Augenmerk auf den Aspekt der Barrierefreiheit legen.“
STELLUNGNAHME DER STADT
➤ Eine barrierefreie Rampe ließ sich leider nicht verwirklichen, da dies einen enormen Platz beansprucht hätte.
➤ So beträgt nämlich der Höhenunterschied zwischen Rampenbrücke und Jahninsel am Ansatzpunkt des neuen Treppenabgangs rund vier Meter.
➤ Um diese Differenz zu überwinden, müsste eine rollstuhlgerechte Rampe mindestens 80 Meter lang sein.
➤ Dies hätte einen deutlichen Verlust an Grünfläche auf der Jahninsel bedeutet.