Einer der ersten Anträge der 2012 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv Bayern war die Forderung nach einer bundeseinheitlichen Regelung für Menschen, die einen Assistenzhund brauchen. Das ist nun geschafft. Im Rahmen des Teilhabestärkungsgesetztes ist auch das lange von uns geforderte Assistenzhundegesetz eingebunden. Wir Selbst Aktiven Bayern haben intensiv daran mitgearbeitet und freuen uns, dass in diesem Gesetz viele unserer Forderungen berücksichtigt worden sind. Leider gibt es, wie so oft, auch einen dicken Wermutstropfen: Die von uns und vielen anderen Organisationen geforderte Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis und die damit verbundene Kostenübernahme aller Assistenzhunde durch die Krankenkassen konnte leider nicht verwirklicht werden. Das hat unser Koalitionspartner verhindert.
Warum ist das Assistenzhundegesetz für Menschen mit Behinderung so wichtig?
Assistenzhunde sind für viele Menschen mit Behinderungen notwendige Begleiter im Alltag, um am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können. Neben Blindenführhunden dienen Assistenzhunde etwa als Orientierungshilfe bei Gehörlosigkeit und Demenz, als Unterstützung bei Einschränkungen der Mobilität oder auch als emotionale Stütze für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen oder psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen. Sie werden genutzt, um epileptische Anfälle, eine durch Diabetes verursachte Unterzuckerung, Schlaganfälle, Addison Krisen und Herzerkrankungen, Asthmaanfälle, allergische Schocks oder Anfälle von Narkolepsie und Schlafkrankheit zu erkennen.
In Deutschland gab es bislang keine ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften, die die Begleitung von Menschen mit Behinderungen durch Assistenzhunde zu öffentlichen und privaten Anlagen und Einrichtungen regeln. Immer wieder kam es daher zu Streitfällen zwischen Hundehaltern und Betreibern von Arztpraxen, Geschäften und Theatern, die auch in diverse Gerichtsverfahren mit unterschiedlichem Ausgang mündeten. Zuletzt urteilte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2020 bezüglich eines Verbots, mit einem Blindenführhund eine Arztpraxis zu durchqueren, dass „das Benachteiligungsverbot des Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 GG es Menschen mit Behinderungen ermöglichen soll, so weit wie möglich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen. Das Benachteiligungsverbot untersagt es, behinderte Menschen von Betätigungen auszuschließen, die nicht Behinderten offenstehen, wenn nicht zwingende Gründe für einen solchen Ausschluss vorliegen.“ (Beschluss vom 30. Januar 2020, Az. 2 BvR 1005/18). Das Gericht gelangte zu der Bewertung, dass das Benachteiligungsverbot des § 19 Absatz 1 Nummer 1 AGG im Lichte des Grundrechts aus Artikel 3 Absatz 2 GG auszulegen sei. Das Grundrecht sei wegen seiner Ausstrahlungswirkung in das Zivilrecht bei der Auslegung des Benachteiligungsverbots zu berücksichtigen. Mit dem Gesetzesentwurf wird dem Recht auf persönliche Mobilität aus Artikel 20 b der UN-BRK gesetzgeberisch Rechnung getragen.
Gleichzeitig regelt das Gesetz die Zutrittsrechte von Mensch-Assistenzhund-Gespannen.Für Menschen mit Behinderungen entsteht ein Rechtsanspruch, der ihnen die Begleitung durch einen Assistenzhund zu typischweise der Allgemeinheit zugänglichen Anlagen und Einrichtungen ermöglicht. Der Deutsche Bundestag hat bereits 2017 in seinem Aktionsplan zur Inklusion die Kampagne „Assistenzhund willkommen“ beschlossen. Mit der Durchführung der Kampagne „Assistenzhund willkommen“ beauftragte das zuständige Bundesminsiterium für Arbeit und Soziales den Verein PfotenPiloten. Um die Bedeutung der tierischen Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung verständlich darzustellen, entstanden, gefördert von der Aktion Mensch in Zusammenarbeit mit Storyatelier ,verschiedene Videos.
Die Landesvorsitzende der AG Selbst Aktiv Bayern, Botschafterin des Vereins PfotenPiloten, hat selbst einen Blindenführhund. Ihr Video.