Die Arbeitsgemeinschaft „Selbst Aktiv“ besichtigt ein Wohnhaus der Lebenshilfe
Sibylle Brandt, Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Selbst Aktiv – Menschen mit Behinderungen in der Bayern-SPD“, besichtigte eines der Häuser für ambulant betreutes Wohnen der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld in Leutershausen. Gemeinsam analysierte man Probleme in Bezug auf barrierefreies Wohnen, tauschte Erfahrungen aus, debattierte und gab sich gegenseitig Tipps. Denn eines war allen Beteiligten klar: Hinsichtlich der Barrierefreiheit gibt es noch viel zu tun.
Im Alltag gibt es für Menschen mit körperlichen Einschränkungen zahlreiche Hindernisse, die vielen gar nicht bewusst sind. Schon eine wenige Zentimeter hohe Bordsteinkante kann beispielsweise für einen Rollstuhlfahrer eine große Hürde darstellen. „Man sieht an vielen Kleinigkeiten, dass Barrierefreiheit noch meilenweit entfernt ist“, meinte der Geschäftsführer der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, Jens Fuhl. Aufgrund dessen sei es wichtig, mehr Bewusstsein für existierende Barrieren zu schaffen.
Da jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat, hat Barrierefreiheit ganz unterschiedliche Facetten und so verfügt Sibylle Brandt über vielfältige Ideen zur Verbesserung der Gesamtsituation: Transportable Behindertentoiletten mit höhenverstellbaren Waschbecken, Lupen im Supermarkt für Menschen mit Sehproblemen, neue Berufsbilder, die Menschen mit Behinderung die Teilnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglichen, größere Schrifttypen bei öffentlichen Aushängen oder die Vereinfachung bei der Stellung eines Förderantrages sind ein paar der Veränderungen, die sie sich wünscht.
Sibylle Brandt ist selbst blind, weiß also aus eigener Erfahrung, wie wichtig mehr Barrierefreiheit ist – und wo Verbesserungsbedarf besteht. Andere wissen das jedoch oft nicht, weshalb sie es als ihre Aufgabe sieht, zu zeigen, was verbessert werden könnte. Sie ist überzeugt: „Was einem gezeigt wird, kann man auch besser nachvollziehen.“
In dem Haus der Lebenshilfe jedoch musste sie auf keine Barrieren hinweisen. Ganz ohne Stufen oder Stolpersteine führt ein Weg durch den Garten in das gemeinschaftliche Wohnzimmer der vier Bewohner des Hauses. Es ist eines der insgesamt vier Häuser für ambulant betreutes Wohnen der Lebenshilfe.
Jens Fuhl erklärte den Besuchern, dass es ihm bei der Einrichtung des Hauses besonders wichtig gewesen sei, jedem Bewohner genügend Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Großzügig bemessene Einzelzimmer und Gemeinschaftsräume bieten ideale Bedingungen für eine Wohngemeinschaft. Er betonte auch, wie stolz die Bewohner auf ihre eigenen Zimmer und „ihr Haus“ seien.
Doch Jens Fuhl weiß auch: „Es ist das eine, so ein Haus zu kaufen und mit behinderten Menschen zu beziehen, das andere, die Menschen mit Behinderung in den Sozialraum einzugliedern.“ Aufgrund dessen wird durch die Aktion Mensch ein Programm am Herberthof, eine ebenfalls in Leutershausen befindliche Wohnung für ambulant betreutes Wohnen, organisiert. Zu unterschiedlichen Veranstaltungen treffen hier die Bewohner mit ihrer Nachbarschaft zusammen. Durch den so geschaffenen Austausch sollen Berührungsängste sinken und soziale Inklusion stattfinden – ebenfalls wichtige Schritte in Richtung barrierefreies Leben.
Alles in allem gefiel den Besuchern die Wohnsituation, insbesondere „das gemütliche Flair“ der Wohnung wurde von ihnen immer wieder hervorgehoben. Was hier schon geschafft ist, soll jetzt auch anderswo umgesetzt werden. Hier zeigte sich Sibylle Brandt realistisch: „Wir können Barrierefreiheit nicht auf einmal herstellen. Wir wollen in kleinen, realisierbaren und finanzierbaren Schritten vorgehen.“ Auch kleine Veränderungen können viel bewirken und so meinte Sibylle Brandt: „Das sind oft Dinge, die sind so banal, das man sie vor lauter Banalität übersieht.“
Von Carolin Mühlbauer, http://www.rhoenundsaalepost.de/lokales/aktuelles/art2826,340972